Praktische Philosophie an der HBG

Stell dir vor, du begegnest einer Person, die dir einen funkelnden Ring gibt. Dazu sagt sie: „Stecke den Ring an deinen Finger, drehe ihn nach links und du wirst unsichtbar. Drehe ihn nach rechts und du wirst wieder sichtbar.“ Als die Person davonhuscht, zischt sie dir noch zu: „Aber gib acht: Drehst du den Ring nur ein kleines Stück zu weit nach links, kannst du nie wieder sichtbar werden!“

Überlegst du schon, was du tust? Steckst du den Ring an deinen Finger? Drehst du ihn nach links? Schmiedest du schon einen Plan, was du unsichtbar so alles machen würdest? Oder ist es dir vielleicht viel zu riskant?

Vermutlich denkst du auch schon darüber nach, welche Gründe dafürsprechen, den Ring zumindest einmal auszuprobieren oder welche Gründe absolut dagegensprechen.

Wenn du dir gerade diese Gedanken machst, befindest du dich in einem philosophischen Gedankenprozess.

Im Unterricht im Fach Praktische Philosophie (Sek. I) wollen wir mit Schüler:innen philosophieren. Wir gehen unterschiedlichen Fragen auf den Grund, experimentieren mit unseren Gedanken, suchen nach Gründen, hören unterschiedliche Meinungen an, treffen Entscheidungen und fällen Urteile.

Wir beschäftigen uns mit Fragen wie: Was macht mich aus? Wofür sind Gefühle gut? Was kann ich tolerieren? Darf man manchmal lügen? Wann ist etwas eigentlich gerecht? Sind wir Menschen Tiere? Was können wir für die Umwelt tun? Was ist eigentlich „schön“? Verändern digitale Medien unsere Sicht auf die Welt? Sind Zeitreisen möglich? Kann man alles wissen? Woher kommt alles? Was ist der Tod und was passiert, wenn man tot ist?

Dabei ist eines ganz besonders wichtig: Wir haben keine festgeschriebenen Antworten auf diese Fragen. Wir unterstützen alle Schüler:innen dabei, ihre persönlichen, begründeten und tragfähigen Antworten zu finden. Uns Lehrer:innen kommt hierbei das Glück zu, selbst immer wieder neuen Fragen und Gedanken nachgehen zu können.

Wir halten es mit Heinrich Böll – dem Namensgeber unserer Schule – für den die Freiheit jeder einzelnen Person im Kopf beginnt. Und wir unterrichten, in Anlehnung an den Philosophen Immanuel Kant, nach dem Motto:

„Sapere aude!“ – „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“