„Ihr werdet gemessen an dem, was ihr für andere Leute getan habt – was ihr mit anderen Menschen geteilt habt“, sagte Jorginho gleich zur Begrüßung der Chorweiler Schülergruppe (insg. 20 Personen), die in der Zeit vom 20. – 30.03.2014 in Kölns Partnerstadt Rio de Janeiro gereist ist. Grund der Reise war der Gegenbesuch im Straßenfußballprojekt :“Mais que uma bola“, nachdem im Oktober 2013 die Jugendlichen aus Rio zu Besuch in Köln waren.
Im Norden von Rio, im Stadtteil Guadalupe, mitten in einem riesigen Gebiet von sehr einfachen Arbeitervororten, gibt es die Fußballschule: „Bola pra Frente“ – Ball nach vorne ! Sie wurde von dem berühmten Fußballspieler Jorginho gegründet mit dem Ziel, Kinder von der Straße zu holen und sie zum regelmäßigen Lernen und zum „Zur Schule gehen“ zu erziehen. Der Fußball baut hier die Brücke.
Mit dem Straßenfußball Projekt „Mais que uma Bola – Mehr als ein Ball“ hat das Sportamt ein Austauschprojekt für 2013 und 2014 entwickelt. Partner sind die NGO´s „Rheinflanke“ in Köln und „Bola Para Frente“ in Rio sowie die Heinrich-Böll-Gesamtschule in Köln-Chorweiler. Jugendliche zwischen 15 und 16 Jahren aus benachteiligten Stadtteilen beider Städte, Köln und Rio, sollen die jeweils andere und fremde Lebenswelt der Partner kennen lernen. Ziel ist, globale Zusammenhänge praktisch erfahrbar zu machen, um auch die eigene Lebenssituation kritisch bewerten zu können. Auch möchte man zeigen, dass man neben Millionenausgaben für Stadien im Hinblick auf die bevorstehende WM auch Projekte aus dem Bereich der bildungspolitischen Entwicklungszusammenarbeit machen kann, für Jugendliche, die sonst nichts mit der großen Welt des Fußballs zu tun haben.
Eine sehr spannende und erlebnisreiche Woche folgte dem Eingewöhnungswochenende mit Begrüßung im Konsulat (das Projekt ist offizielles Projekt des Deutsch-Brasilianischen Jahres) und Besuch der Deutschen Schule Rio, dem Strand von Ipanema und anderen Schokoladenseiten von Rio.
Den krassen Gegensatz hierzu bilden die riesigen Wohngebiete nördlich des Zentrums über die Favella Morro de Alemao (2 Mio Einw.) bis nach Guadalupe, wo die Partner der Schülerinnen und Schüler aus Chorweiler leben. Gleich nach der emotionalen und eindrucksvollen Begrüßung der Kinder von „Bola“ und Jorginho am Vormittag führten die Partner die Chorweiler Gruppe durch ihr Viertel. Vorbei an ausgeschlachteten Autos und vergifteten Kanälen ging es entlang der S-Bahn in eine Favella unter der Autobahn. Deutschlandfähnchen als Willkommensgruß an die Hüttenwänden gemalt und strahlende Kinder begrüßten die Jugendlichen mit kleinen Ballvorführungen mit Flip-Flops im Matsch. Zum Abschied gab es gute Wünsche und Küsschen vom Dorfältesten für die Lehrerin, was die Schüler/innen sehr berührte.
Mit gemeinsamen Fußballspielen bei Bola, gemeinsamen Trommeln und Integrationsspielen vergingen die Tage rasend schnell. Im Wechsel lernten die Zehntklässler aber auch alle Sehenswürdigkeiten von Rio kennen, inklusive einer Besichtigung des inzwischen fertig gestellten Maracana Stadions.
Emotionaler Höhepunkt des Besuchs war dann der abschließende Tag in den Familien. Auch hier gab es wieder Geschenke von Leuten, „die nichts haben, aber alles teilen“, so Hans Kasapoglu, der ein „Flamengo“ Trikot von seinem Partnerschüler Rafael geschenkt bekam. Beim Abschied auf dem Flughafen flossen dann vor allem bei den Mädchen dicke Tränen.
Gemessen an der Zielstellung des Projektes und der Begrüßung durch Jorginho haben die Kölner Schüler sicher sehr viel gelernt. Die Kontraste zwischen Arm und Reich in dieser riesigen Stadt und die Folgen für die Menschen wurden deutlich.
Zum Thema „Globalisierung“ ersetzten diese 10 Tage vielleicht 10 Jahre Geographie-, So-Wi- und Ethikunterricht.
Mit einer Ausstellung zum Projekt im Deutschen Sport- und Olympiamuseum in der WM – Zeit im Sommer 2014 läuft das Projekt weiter. Für 2015 ist ein ganz kleiner Austausch angedacht, um den Kontakt zu pflegen mit dem Ziel, im Olympiajahr 2016 wieder einen größeren Austausch organisieren zu können.
Werner Schleicher